Der Flughafen Tegel ist kein politisch unbelasteter Ort. Der erfolgreiche Kampf um seine Offenhaltung beschäftigte uns genauso wie die Frage, wer von uns wohl noch als JU-Mitglied einmal vom BER würde starten können, als die diesjährige Brüsselreise der JU Tempelhof-Schöneberg eben dort begann. Mit einem starken Gefühl der Überlegenheit gegenüber allen flughafenbezogenen Entscheidungen der SPD flogen also unser Kreisvorsitzender Chris, Niko, Carina, Robin, Tim, Heinrich, Flo, Helene, Max, Leo, Alex und ich in die Stadt, die Martin Schulz wohl als die „Hauptstadt“ Europas bezeichnen würde.

Brüssel überwältigt gleich auf den ersten Blick und die spezifische Architektur lässt auch außerhalb der Innenstadt erahnen, was wir erst am dritten Tag ausführlich besichtigen sollten. Zunächst galt es allerdings, eine abenteuerreiche Anreise mit dem Bus zu überstehen, während derer manche von uns sich in Harry Potters „Fahrenden Ritter“ versetzt fühlten und verzweifelt dem Abendessen entgegenfieberten.

Hier formte sich nun bei einem ersten hitzigen Brüsseler Stammtisch das politische Profil unserer Gruppe und wie es sich für eine Volkspartei gehört, hatten wir von Monarchisten, Kapitalisten, Sozialkatholiken, Liberalen, Konservativen, Klimaschützern über Klimawandelleugnern, Pro -und Antieuropäern alles dabei. Mit Experten und Vertretern verschiedenster denkbarer Positionen fühlten wir uns also für alle politischen Eventualitäten der kommenden Tage gerüstet!

Nun ging es ins Hotel. Und was für eines – begeisterten wir uns zunächst: Doch als sich der moderne Glaspalast mit Clubbeleuchtung, VIP-Bar und dem gleichen Namen wie unser Hotel als falsches Gebäude herausstellte und wir mit einem etwas bürgerlicheren Bau in der Nebenstraße vorlieb nehmen mussten, kamen sogleich alle Eigenschaften zum Tragen, die eine gute Reisegruppe ebenso auszeichnen wie eine tragfähige Partei: Resilienz, Zusammenhalt, Tatendrang und Kreativität. Nach einer groß angelegten Späti-Suchaktion stand der Zimmerparty in der 305 nichts mehr im Wege! Und was in Brüssel passiert, bleibt in Brüssel.

 

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen waren wir nun bereit für den geplanten Höhepunkt unserer Reise, dem Besuch des Parlaments. Bei der Akkreditierung dann der große Schock: Nicht nur war das Gebäude aufgrund eines Brandalarms abgeriegelt worden, auch sämtliche Termine wurden gestrichen und verschoben. Wiederum kamen unsere bereits erprobten Kompetenzen als unerschütterliche Reisgruppe zum Einsatz – wir mussten improvisieren und gingen in das Parlamentsmuseum. Hier präsentierte sich Brüssel von seiner wohl verstaubtesten Seite... Umso spannender gestaltete sich unser erster offizieller Programmpunkt mit Joachim Zeller, MEP, der uns in einem Konferenzraum empfing und Einblicke in den Alltag, in Aufgaben und Gedanken eines Abgeordneten im europäischen Parlament und eines Berliners in Brüssel gab.

Unser zweiter Termin war ein Treffen mit dem Pressesprecher der EPP. Dieser glänzte mit Insiderwissen über alle aktuellen politischen Themen und es gab Raum für viele Fragen und einen offenen Dialog. Unser Insiderwissen über Brüssel wurde einmal mehr bereichert, als dieses Gespräch von einem Gründungsmitglied der Grünen unterbrochen wurde, der den Raum für sein Treffen mit buddhistischen Kaligrafen vorbereiten wollte, und uns mit seinen Gedanken zur Kenia-Koalition in Magdeburg und einem korrekt gegenderten Gottesnamen unterhielt.

Abends lernten wir dann endlich die Brüsseler Innenstadt kennen. Die wichtigsten Erkenntnisse des Abends waren, dass in Brüssel der Preis auf der Rechnung vom Verhandlungsgeschick des Gastes abhängt und dass die Bierpreise dort sogar die des duty-free Bereichs am Flughafen in den Schatten stellen. Doch das Essen war lecker und bald ging es in die angesagteste Dienstagabend-Bar, das „Delirium“. Nomen est omen und somit fällt auch über diese Nacht der Mantel des Schweigens. 

Am nächsten Morgen schliefen wir aus. Eine weise Planung angesichts der aufs Frühstück folgenden siebenstündigen Stadtbesichtigung. Brüssel hat unendlich viel zu bieten und so konnten wir Platz um Platz und Kirche um Kirche fast nur im Vorbeieilen, aber dadurch nicht minder begeistert, würdigen bis endlich die Brüsseler Kathedrale vor uns stand - der Ort, an dem die Könige gekrönt werden und Belgische Royals ihre Hochzeiten feiern. Prachtvoll, prunkvoll und poetisch, innen wie außen ein gotisches Meisterwerk.

So schnell wie wir gekommen waren mussten wir leider wieder abreisen.

Zurück bleibt die Erinnerung an eine nette Gruppe! An interessante Begegnungen und Einblicke in die Arbeit der Europäischen Union, an eine pulsierende Stadt, deren Architektur und Bedeutung den großen Metropolen der Welt in nichts nachsteht.


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